Delir – Verdecktes Problem in Altenpflegeheimen und Kliniken

15. Januar 2015
larvierte DepressionDepression im Alter oft unerkannt

Das Delir stellt einen Verwirrtheitszustand dar, der verschiedene Ursachen haben kann. Zahlreiche Personen verbinden mit dem Begriff “Delir“ beziehungsweise Delirium Alkoholismus. Das Delirium stellt jedoch in Wahrheit eine nicht zu unterschätzende Gefahr in Kliniken und Altenheimen dar, da es auch von Fachkräften hinsichtlich der Deutung der Symptome häufig übersehen wird. Wie äußert sich ein Delir und welche Symptome zeigt es?

Delir nicht nur ein Problem bei Alkoholismus

Vielfach kommt der Zustand eines Delirs jedoch nicht nur bei Alkoholpatienten vor, sondern insbesondere bei hochbetagten Patienten, die sich einer Operation unterziehen mussten. Vielfach ist es so, dass desorientierte Patienten nach einer Operation in der Psychiatrie landen, obwohl es sich kausal nicht um eine psychische Erkrankung handelt, sondern um den postoperativen Zustand des Deliriums.

Demenz und Antidekubitusmatratze: Gut gemeint, aber kontraindiziert

Insbesondere bei Patienten mit Demenz tritt die Problematik gehäuft auf, da die Symptome des auf die Operation zurückzuführenden Delirs fälschlicherweise als Zeichen der Demenz gedeutet werden. Bei Demenzpatienten finden in der Regel vielfach Maßnahmen statt, die bei physisch erkrankten Patienten als normal gelten, bei Demenzpatienten jedoch kontraindiziert sind. Als mögliches Beispiel lassen sich Anti-Dekubitusmatratzen definieren. Diese besitzen den Vorteil, dass das so genannte Druckgeschwür (Dekubitus) vorgebeugt wird, im Falle einer diagnostizierten Demenz bei den betreffenden Patienten jedoch den Raumbezug vergessen lassen und sich der Zustand der Orientierungslosigkeit dadurch verstärkt.

So wird quasi der physische Zustand stabilisiert, während der psychische Zustand verschlimmert wird und dadurch letztlich der Gesamtzustand und damit auch die Physis noch mehr leidet als wenn auf eine Anti-Dekubitusmatratze verzichtet worden wäre. In diesem Fall gilt es, die Hierarchie der Symptomatik zu definieren. In diesem Fall ist die Grunderkrankungen der Demenz maßgeblich und die Dekubitusprophylaxe durch die Verwendung einer Dekubitusmatratze tritt in den Hintergrund. Was jedoch nicht bedeutet, dass die Dekubitusprophylaxe bei Demenzpatienten außen vor bleibt.

Delirium nach Operationen: Oftmals falsche Behandlung durch Ärzte

Das postoperative Delirium verstärkt eine vorhandene Demenz nach einem operativen Eingriff. Eine aktuelle Studie belegt, dass rund 30 Prozent der Demenzpatienten, die über 70 Jahre alt sind und operiert wurden, an einem postoperativen Delirium leiden. Zahlreiche Ärzte deuten jedoch die Symptome oftmals falsch und die sich daran anschließenden Maßnahmen behandeln somit nicht das Delirium, sondern führen vielfach zu einer Verschlechterung des Zustandes. Weil insbesondere das Delirium auch beim Alkoholismus oft vertreten ist, wird nicht nur von Laien, sondern auch von Ärzten der Zustand häufig nur in Verbindung mit Alkoholismus gebracht.

Demenz-Delir-Management als ein Weg

Die aktuelle Studie hat jedoch dazu geführt, dass sich Gesundheitsexperten Präventionsmaßnahmen überlegt haben, um medizinisches Personal für den Zustand des postoperativen Delirs zu sensibilisieren. Mehrere Kliniken in Deutschland haben bereits ein so genanntes Demenz-Delir-Management eingeführt. Bei rund 90 Prozent der Patienten in der Sterbephase tritt ein Delirium auf. Für die auftretenden Beschwerden und deren Behandlung ist es jedoch wichtig, Schmerzen oder eine mögliche Dyspnoe auch dann ärztlicherseits oder aus pflegerischer Sicht erfassen zu können, wenn der Patient selbst in einem deliranten Zustand ist. Insbesondere in der Palliativpflege erschwert das Delirium die medizinische Versorgung aufgrund der “verdeckten Symptome“.

Symptome des Delirs und seine zwei Formen

Erste Anzeichen eines Delirs können plötzlich auftretendes abstraktes Denken sowie Störungen des Auffassungsvermögens und des Kurzzeitgedächtnisses darstellen. Vielfach erinnern sich die Patienten infolgedessen auch nicht mehr an schon bereits erklärte Sachverhalte. Als erste Indikatoren eines sich möglicherweise entwickelnden Delirs treten Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus auf. Beim Delir unterscheidet man zwei Formen: das hyper-und das hypoaktive Delir.

Die Symptome des hyperaktiven Delirs stellen psychomotorische Unruhe, Agitiertheit sowie häufig eine psychovegetative Reaktion und ein aggressives Verhalten dar. Beim hypoaktiven Delir, dass in zwei Dritteln der Fälle vorliegt, gesellen sich Apathie, sowie Anzeichen einer nur geringen menschlichen Kontaktaufnahme und Rückzugstendenzen als Symptome hinzu. Die beim hyperaktiven Delir beschriebenen Symptome der vegetativen Reaktionen sind bei der hypoaktiven Form selten. Desorientiertheit und Halluzinationen werden bei der hypoaktiven Form des Delirs nur auf Nachfrage bejaht.

Delir als Pflegeproblem in Alten/Pflegeheimen

Insbesondere bei der hypoaktiven Form besteht die Gefahr, dass dieses vonseiten der Medizin oder der Pflege übersehen wird. Insbesondere in Alten- und Pflegeheimen stellt somit das hypoaktive Delir eine nicht zu unterschätzende medizinisch-pflegerische Gefahr dar. Durch die entsprechende Sensibilisierung des Pflegepersonals und entsprechende Schulungen sowie die Einrichtung eines auf die Altenpflege bezogenes Demenz-Delir-Managements kann auch für den Bereich der Altenpflege eine Pflege gewährleistet werden, die die Symptome eines Delirs richtig deutet und dadurch in Zusammenarbeit mit den Ärzten eine entsprechende korrekte und auf den jeweiligen Bewohner konzentrierte Behandlung ermöglicht. Das hypoaktive Delir stellt somit für den Bereich der Altenpflege ein ähnliches Problem dar wie die larvierte (verdeckte) Depression.

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