Hyperkapnische Respiratorische Insuffizienz Typ 2 akut und chronisch

14. Juni 2025
hyperxämische respiratorische insuffizienz Typ 2hyperxämische respiratorische insuffizienz Typ 2 akut und chronisch

Was ist hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (Typ 2) akut und chronisch?

Die hyperkapnische respiratorische Insuffizienz ist eine schwerwiegende Form des Atemversagens, bei der der Körper nicht mehr ausreichend Kohlendioxid abatmen kann. Bei dieser Erkrankung steigt der Kohlendioxidpartialdruck im Blut über 45 mmHg an, während gleichzeitig der Sauerstoffgehalt unter 60 mmHg fällt. Mediziner bezeichnen diese Form auch als Typ-II-Insuffizienz oder ventilatorische Insuffizienz.

Das Besondere an dieser Erkrankung ist, dass sowohl die Sauerstoffaufnahme als auch die Kohlendioxidabgabe gestört sind. Dies unterscheidet sie von der hypoxischen respiratorischen Insuffizienz (Typ I), bei der hauptsächlich die Sauerstoffversorgung beeinträchtigt ist. Die Ursache liegt primär in einer Störung der Ventilation – die Lunge kann nicht mehr genügend „belüftet“ werden.

Akute versus chronische Form

Die hyperkapnische respiratorische Insuffizienz kann sowohl akut als auch chronisch auftreten. Die akute Form entwickelt sich binnen Stunden oder Tagen und stellt einen medizinischen Notfall dar. Die chronische Form entsteht schleichend über Monate oder Jahre. Bei der chronischen Variante haben sich die Patienten oft an die erhöhten CO2-Werte gewöhnt, wodurch die Erkrankung besonders heimtückisch wird.

Ursachen der hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz

Obstruktive Atemwegserkrankungen

COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist die häufigste Ursache für hyperkapnische respiratorische Insuffizienz. Bei COPD sind die Atemwege dauerhaft verengt und entzündet, was zu einer erschwerten Ausatmung und CO2-Ansammlung führt. Das hyperkapnische Atemversagen entsteht durch eine erschöpfte Atempumpe – ein Ungleichgewicht zwischen muskulärer Belastung und Kapazität.

Asthma bronchiale kann in schweren Fällen ebenfalls zu hyperkapnischer Insuffizienz führen. Besonders beim Status asthmaticus besteht diese Gefahr, da die Bronchien so stark verengt sind, dass kaum noch Luft ausströmen kann. Die chronisch entzündlichen Atemwege verengen sich anfallsweise und behindern die normale Atmung.

Neuromuskuläre Erkrankungen

Motoneuronerkrankungen, Immunneuropathien und Myopathien können zu einer relevanten Schwäche der Atemmuskulatur führen. Diese manifestiert sich initial als schlafbezogene Hypoventilation und kann bis zur hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz voranschreiten.

Myasthenia gravis schwächt die Atemmuskulatur durch gestörte Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel. Dies führt zu einer progressiven Muskelschwäche, die auch die Atmung betrifft und sich zu einer lebensbedrohlichen myasthenen Krise mit Atemversagen entwickeln kann.

Muskeldystrophien betreffen häufig das Zwerchfell – den wichtigsten Atemmuskel. Das Zwerchfell übernimmt die Ruheatmung am Tag und die Atmung im Schlaf weitgehend allein. Bei Schwäche dieses Muskels kann nicht mehr ausreichend ventiliert werden.

Störungen des Atemzentrums

Medikamentenüberdosierungen können das Atemzentrum im Gehirn lähmen. Besonders Opioide und Benzodiazepine sind gefährlich, da sie den natürlichen Atemantrieb unterdrücken. Hirnverletzungen wie Schlaganfälle oder Traumata können ebenfalls die Atemsteuerung schädigen.

Symptome und klinische Anzeichen

Tabelle Frühe und schwache Symptome als Warnsignale

SymptomBeschreibungHäufigkeit
KopfschmerzenBesonders morgens durch CO2-AnsammlungSehr häufig
MüdigkeitStändige Erschöpfung trotz ausreichend SchlafSehr häufig
KonzentrationsstörungenSchwierigkeiten beim Denken und MerkenHäufig
VerwirrtheitBesonders bei höheren CO2-WertenHäufig
Die frühen Symptome werden oft übersehen oder falsch gedeutet. Patienten führen die Müdigkeit auf Stress oder das Alter zurück, während Kopfschmerzen meist nicht mit Atemproblemen in Verbindung gebracht werden.

Fortgeschrittene Symptome

Atemnot (Dyspnoe) tritt zunächst nur bei Belastung auf, verschlechtert sich aber im Verlauf der Erkrankung. Schließlich leiden Patienten auch in Ruhe unter Luftnot. Zyanose zeigt sich als bläuliche Verfärbung von Lippen und Fingernägeln und ist ein Zeichen für Sauerstoffmangel.

Typische Anzeichen einer Hyperkapnie sind Atemnot, Unruhe aber auch Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit und ein erhöhter Puls. Bei schwerem Verlauf kann es zu Bewusstseinsstörungen, Blutdruckabfall und abnehmendem Herzschlag kommen.

Pathophysiologie der hyperkapnischen Insuffizienz

Ventilatorisches Pumpversagen

Die Hypoventilation ist eine zu geringe Belüftung der Lunge. Wird eine große Zahl von normal durchbluteten Alveolen zu wenig belüftet, steigt in der Alveolarluft die Kohlendioxidkonzentration an, während die Sauerstoffkonzentration abnimmt. Dies führt zu einer globalen Ateminsuffizienz mit fallendem Sauerstoff- und steigendem Kohlendioxidpartialdruck.

Hyperkapnie tritt ein, wenn die alveoläre Ventilation absinkt oder als Reaktion auf eine erhöhte CO2-Produktion nicht adäquat ansteigen kann. Ein Abfall der alveolären Ventilation resultiert aus der Abnahme des Atemminutenvolumens oder aus der Zunahme der Totraumventilation.

Entstehung bei COPD

Bei COPD führt die zunehmende Zerstörung der Lungenbläschen zunächst zu einem Sauerstoffmangel. Schreitet die Zerstörung weiter fort, entwickelt sich eine immer stärkere Lungenüberblähung, die eine normale Zwerchfellleistung behindert. Das Zwerchfell ist aber der wichtigste Atemmuskel für eine ausreichende Belüftung der Lunge.

Eine mangelnde Ventilation aufgrund der zunehmenden Schwäche des Zwerchfells führt zu einer Ansammlung von Kohlendioxid, da dieses nicht mehr abgeatmet werden kann. Im Extremfall sammelt sich CO2 im Blut so stark an, dass sich Kohlensäure bildet und zu einer Übersäuerung des Blutes führt.

Moderne Behandlungsansätze der hyperkapnischen Insuffizienz

Nichtinvasive Beatmung (NIV)

Die nichtinvasive Beatmung hat einen hohen Stellenwert bei der Therapie des hyperkapnischen akuten Atemversagens. Sie reduziert die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sowie die Mortalität deutlich. Bei akuter hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz mit einem pH-Wert unter 7,35 soll bei fehlenden Kontraindikationen die NIV eingesetzt werden.

Vorteile der NIV ergeben sich durch eine Reduktion der Intubationsrate und der Mortalität. Die Behandlung ist besonders erfolgreich bei akut exazerbierter COPD und beim Obesitas-Hypoventilations-Syndrom. Studien zeigen, dass bereits 1-2 Stunden nach Beginn der NIV zwischen Respondern und Nonrespondern unterschieden werden kann.

Langzeit-Sauerstofftherapie

Die Langzeit-Sauerstofftherapie hat einen hohen Stellenwert zur Verminderung der Letalität und zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei chronischen Lungenerkrankungen. Eine adäquate Diagnostik und Indikationsstellung ist Grundvoraussetzung. Bei persistierender Hyperkapnie sollte 2-4 Wochen nach akut exazerbierter COPD eine außerklinische nichtinvasive Beatmung eingeleitet werden.

Wichtig bei der Sauerstofftherapie ist die Beachtung des Hyperkapnierisikos. Bei Patienten mit COPD liegt der pulsoximetrische Ziel-Sättigungsbereich bei 88-92%, während er bei Patienten ohne Hyperkapnierisiko bei 92-96% liegt.

Außerklinische Beatmung zu Hause

Die außerklinische Beatmung hat sich als Therapie der chronischen ventilatorischen Insuffizienz etabliert. Eine britische Studie mit hyperkapnischen COPD-Patienten zeigte, dass die Zeit bis zum nächsten Krankenhausaufenthalt oder Tod um 50% verlängert werden konnte. Das Risiko im Folgejahr stationär behandelt zu werden oder zu sterben wurde um 17% gesenkt.

Prognose und Lebensqualität – hyperkapnischen Insuffizienz Lebenserwartung

Bei Patienten mit schwerer COPD und chronisch hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz sind verschiedene Faktoren prognostisch relevant. Der Basenüberschuss (BE) zeigt eine bessere prognostische Aussagekraft als der Kohlendioxidpartialdruck. Auch günstige Änderungen von Ernährungsstatus, Lungenüberblähung und BE nach Therapieeinleitung sind positiv mit dem Langzeitüberleben assoziiert.

Komorbidität und fortgeschrittenes Alter haben den höchsten negativen prädiktiven Wert bezüglich Krankenhausmortalität. Der Anteil der über 80-jährigen Patienten mit bleibender Abhängigkeit von außerklinischer invasiver Beatmung nimmt deutlich zu.

Lebenserwartung bei hyperkapnische Insuffizienz

Die chronische Lungenkrankheit COPD verringert die Lebenserwartung der Patienten im Schnitt um fünf bis sieben Jahre. Je früher eine Diagnose gestellt wird und je eher eine Behandlung erfolgt, desto besser ist die Lebenserwartung. Experten vermuten, dass sich das Leben eines COPD-Patienten durchschnittlich über alle Stadien um fünf bis sieben Jahre verkürzt.

Lebensqualität unter Therapie

Die Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität hat enorm an Bedeutung gewonnen. Sowohl invasive als auch nichtinvasive Beatmung können zur Verbesserung der Lebensqualität führen. Dabei müssen Erkrankungsschwere und Lebensqualität nicht miteinander korrelieren.

Herausforderungen und ethische Aspekte

Therapieentscheidungen

Nach erfolgloser Respiratorentwöhnung sollte die Indikation zur außerklinischen Beatmung angesichts der oft stark reduzierten Lebensqualität und schlechten Prognose kritisch geprüft werden. Ethische Aspekte von beatmeten Patienten am Lebensende werden zunehmend thematisiert.

Vorausschauende Versorgungsplanung

Um Übertherapie und unnötiges Leiden zu vermeiden, sollte eine vorausschauende Versorgungsplanung möglichst frühzeitig beginnen. Gespräche zur Therapiezieländerung sollten im Behandlungsteam, mit den Patienten und deren Angehörigen geführt werden.

Fazit für Betroffene und Angehörige

Die hyperkapnische respiratorische Insuffizienz ist eine komplexe Erkrankung mit verschiedenen Ursachen – von COPD über neuromuskuläre Erkrankungen bis hin zu Störungen des Atemzentrums. Frühe Erkennung ist entscheidend, da sich mit rechtzeitiger Behandlung die Prognose deutlich verbessern lässt.

Moderne Therapieansätze wie die nichtinvasive Beatmung haben die Behandlungsmöglichkeiten erheblich erweitert. Die Langzeit-Sauerstofftherapie und außerklinische Beatmung können die Lebensqualität verbessern und das Überleben verlängern. Wichtig ist jedoch, dass Therapieentscheidungen individuell getroffen und ethische Aspekte berücksichtigt werden.

Für Patienten und Angehörige ist es essentiell, frühzeitig medizinische Hilfe zu suchen, wenn Symptome wie morgendliche Kopfschmerzen, anhaltende Müdigkeit oder Atemnot auftreten. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient, Familie und medizinischem Team ist der Schlüssel zu einer optimalen Versorgung.

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