Elektronische Gesundheitskarte (eGK): Druck von Gröhe

14. Januar 2015
Gesundheitelektronische Gesundheitskarte

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) gilt seit Beginn des neuen Jahres. Wer von den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen die elektronische Gesundheitskarte nicht besitzt, muss mit Strafen rechnen.

Bundesgesundheitsminister Gröhe schaltet sich in eGK-Diskussion selbst ein

Dies hat nun auch der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mitgeteilt. Hierbei sprach Gröhe davon, dass wer blockiert, zahlen müsse. Hintergrund ist, dass sowohl Krankenkassen wie auch Ärzte die vollständige Implementierung der elektronischen Gesundheitskarte teilweise blockieren. Am 1. Januar 2016 soll ein Gesetz für die sichere und digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen in Kraft treten. Derzeit liegt zwar lediglich ein entsprechender Gesetzesentwurf in der Schublade, geplant ist dies jedoch, damit die elektronische Gesundheitskarte nicht nur Daten von Patienten aufnehmen kann, sondern auch Röntgenbefunde und weitere Befunde wie beispielsweise Laborbefunde oder festgelegte Medikationsgaben.

Bis zum 30. Juni 2016 müssen zudem sämtliche Arztpraxen und die gesetzlichen Krankenkassen in die Lage versetzt sein, die Stammdaten der Versicherten miteinander elektronisch auszutauschen. Lediglich für Zahnärzte gilt diese Regelung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. All jene gesetzlichen Krankenkassen, die den Termin nicht einhalten können, wird ebenso wie den betreffenden Ärzten der jeweilige Verwaltungshaushalt beziehungsweise die jeweils zustehende Vergütung um ein Prozent gekürzt. Ab dem 1. Oktober 2016 haben zudem alle gesetzlich Krankenversicherten, die mehr als fünf Medikamente verschrieben bekommen, einen Anspruch auf einen Arzneimittelplan.

Gesetzliche Versicherten ohne eGK drohen Strafen von fünf Euro je Ersatzbescheinigung

Als weitere Frist gilt der 1. Januar 2018. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Ärzte im Stande sein, einen so genannten Notfalldatensatz auf der elektronischen Gesundheitskarte abzuspeichern. Im Falle eines Kartenverlustes wird das entsprechende Backup hierfür bei dem Hausarzt des gesetzlich Krankenversicherten hinterlegt. All jene gesetzlichen Krankenversicherungen, die sich der Verwendung der eGK widersetzen, müssen für die Ausstellung einer Ersatzbescheinigung fünf Euro bezahlen. Der geplante Gesetzentwurf enthält jedoch nicht nur Sanktionen, sondern auch finanzielle Anreize.

Auch Gematik unter Druck geraten

Die elektronische Übermittlung von Entlassungsbriefen und Arztbriefen soll nämlich finanziell gefördert werden. Die herkömmliche Versendung mit der Hauspost indes soll finanziell sanktioniert werden. Durch die geplante Einführung des Gesetzes für die sichere digitale Kommunikationsanwendungen Gesundheitswesen wird auch die Betreibergesellschaft der elektronischen Gesundheitskarte, die Gematik, unter Druck gesetzt. Sollte auch sie die entsprechenden Termine nicht einhalten, drohen der Betreibergesellschaft Kürzungen in mehrfacher Millionenhöhe.

Sämtliche Anbieter von Software im Gesundheitswesen müssen zudem für die von der Gematik geplante Einführung eines Online-Portals einen Eintrag für das Verzeichnis beantragen. Letztlich soll zudem die Betreibergesellschaft dazu verpflichtet werden, im eHealth- Bereich deutsche Interessen innerhalb Europas durchzusetzen. Auffällig ist, dass offenbar in Berlin die Industrie-Lobby ganze Arbeit geleistet hat.

Denn die ursprüngliche Forderung nach so genannten “offenen Schnittstellen aller Komponenten“ wurde gänzlich gestrichen. Zudem dürfen mit einer Sondergenehmigung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik von der Industrie bereitgestellte Software-Komponenten ohne Prüfung durch die Betreibergesellschaft Gematik umgehend verwendet werden.

Ist die eGK wirklich sicher vor Datenklau?

Fraglich bleibt, inwieweit die Patientendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte tatsächlich sicher sind? Auch wenn das so genannte Zwei-Schlüssel-System Verwendung finden soll, haben Hacker mit ihren Entschlüsselungstechnologien in aller Regel kein Problem, die Daten von der elektronischen Gesundheitskarte auszulesen. Insofern besteht zumindest theoretisch die Gefahr eines gläsernen Patienten. Auch stellt sich die Frage, inwieweit das Strafrecht hinsichtlich möglicher Haftungen beim illegalen Auslesen von Gesundheitsdaten angepasst werden müsste.

Als Vorbild dürften hier insbesondere die Erfahrungen mit Cyberkriminalität angesehen werden. Auch wenn Datenschützer offiziell von einem sehr sicheren System bei der Verwendung der eGK ausgehen, lässt sich eine missbräuchliche Nutzung jedoch nie gänzlich ausschließen.

Ist Artikel 12 Absatz 2 Grundgesetz betroffen?

Letztlich dürfte auch noch ein weiterer Aspekt zum Tragen kommen, der bislang nicht vom Gesetzgeber hinreichend betrachtet wurde. Gemeint ist das Grundrecht aus Art. 12 des Grundgesetzes (GG). In Abs. 2 heißt es: “Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“

Insofern stellt sich zumindest theoretisch die Frage, ob das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 2 hinsichtlich der Ausübung einer bestimmten Arbeit in Bezug auf die Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte berührt ist. Dies gilt insbesondere für Ärzte und Apotheker. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu beachten, dass Zahnärzte von der zwingenden Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte zunächst ausgenommen sind. Auch dies widerspricht dem Grundsatz einer Gleichbehandlung.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Gesundheitssystem eben auch die Zahnärzte umfasst. Insofern ist es durchaus möglich, dass gegen die Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte der ein oder andere Arzt oder Apotheker auf die Idee kommen könnte, Verfassungsklage einzureichen. Ob diese Aussicht auf Erfolg hätte, sei dahingestellt.

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