Veränderter Geschmack im Flugzeug

26. Februar 2014
Obst und Gemüse gegen MangelernährungObst und Gemüse gegen Mangelernährung

British Airways, Air Berlin oder KLM – stark gewürzte Speisen aus der thailändischen oder indischen Küche sind beliebt bei Fluggesellschaften. Eine Studie des Frauenhofer Instituts zeigt, warum besonders geschmacksintensive Menüs bei Fluggästen gut ankommen.

Tomatensaft ist wohl das bekannteste Beispiel. Auf jedem Flug gibt es mindestens einen Passagier, der sich den würzigen roten Saft bestellt –  auch wenn er ihn zu Hause auf Erdhöhe niemals kaufen würde. Allein auf Lufthansa-Flügen schenkt das Bordpersonal mehr als 1,7 Millionen Liter des Gemüsedrinks pro Jahr aus – mehr als Bier.

Veränderter Geschmack über den Wolken

Wissenschaftler des Frauenhofer-Instituts gingen im Auftrag der Lufthansa dem Phänomen Geschmackswahrnehmung in der Höhe auf den Grund. Die Ergebnisse zeigen, dass Flugpassagiere den Geschmack von Tomatensaft am Boden und auf Flughöhe vollkommen anders wahrnehmen. „Tomatensaft wurde bei Normaldruck deutlich schlechter benotet als bei Niederdruck. Er wurde als muffig beschrieben. Oben traten angenehm fruchtige Gerüche und süße, kühlende Geschmackseindrücke in den Vordergrund“, erklärt die an den Untersuchungen beteiligte Chemikern Andrea Burdack-Freitag gegenüber der ZEIT.

Schmecken „als hätte man einen Schnupfen“

Die Tests wurden im Originalrumpf eines Airbus A310 durchgeführt, in dem mit Hilfe einer Niederdruckkammer flugähnliche Druckverhältnisse erzeugt wurden. Den Versuchspersonen wurden Speisen serviert und sie wurden angewiesen, deren Geschmack zu bewerten. Die Mehrzahl der Tester empfand das Essen als fade. Die Geruchs- und Geschmacksschwelle ist bei niedrigem Druck höher, man nehme die Speisen und Getränke wahr „als hätte man einen Schnupfen“, weiß Burdack-Freitag. Der Geschmack von Salz, Zucker und Kräutern wird bei niedrigeren Druckverhältnissen als weniger intensiv empfunden.  Für Säuren hingegen bleibt die Geschmacksschwelle unverändert, weshalb mit Weißwein oder Zitrone verfeinerte Gerichte bei den Passagieren nicht besonders gut ankommen.

Auch Lärm beeinflusst Geschmack

Wissenschaftler der Universität Manchester berichten im Journal „Food Quality and Preference“, dass nicht nur der geringere Luftruck, sondern auch die große Geräuschskulisse im Flugzeug sich negativ auf die Geschmackswahrnehmung auswirken. Versuckspersonen wurden über Kopfhörer verschiedene Geräusche vorgespielt und ihnen parallel dazu süße als auch salzige Speisen serviert. Das Ergebnis zeigt, dass der Geschmack bei Lärm deutlich schwächer ist. „Lärm, Trockenheit, niedriger Luftdruck und vielleicht auch die Beschleunigung verschlechtern im Flugzeug die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung“, erklärt Florian Mayer vom Frauenhofer Institut im pressetext-Interview.

Obwohl bei niedrigerem Luftdruck mehr Geruchsmoleküle in die Luft übergehen und somit das Riechen begünstigt ist, sinkt „die Löslichkeit der Nasenschleimhaut, wodurch weniger Moleküle die Rezeptoren erreichen. Diese werden zudem mit weniger Sauerstoff versorgt, weshalb man im Flugzeug oder auf hohen Bergen ähnlich schlecht riecht wie mit verstopfter Nase“, erklärt Mayer. Auch die geringere Luftfeuchtigkeit mindert die Funktionsfähigkeit der Nasenschleimhaut.

Schlechtes Essen kaschieren

Was die Flugzeugexperimente in Bezug auf Lautstärke zeigen, gilt auch für die gastronomischen Alltag. Bei Geräuschen ist „nicht die Lautstärke entscheidend, sondern wie unangenehm ein Geräusch ist. Je störender es ist, desto eher lenkt das Gehirn darauf seine Konzentration – und desto unangenehmer wird auch Geruch und Geschmack wahrgenommen“, erklärt Mayer. Je ruhiger also ein Gastronom sein Raumambiente gestaltet, desto intensiver nimmt der Gast den Geschmack war. Wer hingegen keine gute Küche anzubieten hat, sollte besser auf starke Beleuchtung und laute Musik setzen, um die Gäste von Essen abzulenken.

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